Während viele Indie-Kids beim Gedanken an die 80er-Jahre tatsächlich die Angst ergreift, können wir von dem Dance Pop, der direkt aus eben diesem Jahrzent entsprungen sein könnte, kaum genug bekommen.
Ganze vier Jahre mussten Fans auf das Debut-Album von Miami Horror warten. In einer Zeit, in der Zuhörer ihre Musik sofort und unmittelbar zugänglich gemacht haben möchten oder es zumindest erwarten, erscheint diese lange Wartezeit nicht unbedingt Sinn zu machen. Für so manchen bestimmt eine Überraschung, da es ja nicht so ist, das Miami Horror nicht genug Material gehabt hätten - hat doch der Mastermind der Band Benjamin Plant in der Zwischenzeit an unzähligen Tunes gearbeitet, die wir niemals zu Gehör bekommen werden. Aber obwohl wir jetzt schon mehrere Miami Horror-Scheiben in der Hand halten hätten können, war es der richtige Schritt für die Band, den Zeitpunkt erst jetzt zu wählen.
Angefangen hat alles mit Ben in seinem mit Synthesizern ausgestatteten Schlafzimmer als One-Man-Show. Als die Australische Elektroszene 2006-2007 langsam aufkeimte, war er unter dem Namen Miami Horror schon mit jeder Menge einschlagender Tunes und noch besseren Remixen vorne mit dabei. Dazu gehörten Stardust's "Music Sounds Better With You" und Tegan and Sara's "Walking with a Ghost" sowie die Kollaboration mit der Elektropop-Truppe Gameboy/ Gamegirl, für die er die "Golden Ghetto Sex EP" produzierte. Die einmalige Single "Sweaty Wet/Dirty Damp" daraus entwickelte sich 2007 schnell zu einem Hit in der Blogosphäre.
Genau wie andere Dance Acts wie Cut Copy oder Midnight Juggernauts sich aus der Szene bildeten, so haben sich auch Miami Horror sich nach diversen Festival-Auftritten und kleineren Touren zu einer vollbesetzten Band entwickelt. Mit an Bord sind Dan Whitechurch am Keyboard/Bass und Co-Autor von "Sometimes", Gitarrist Josh Moriarty (Peacocks, Ex-Young & Restless) und Schlagzeuger/DJ Aaron Shanahan. Und es ist gut, dass sie genau aus diesem Sound entstanden sind, der reicher, ambitionierter und nachhaltiger klingt, als das übliche statische Gemisch anderer Formationen.
Und so kommen wir zu "Illumination" - Das Ergebnis vier Jahre harter Arbeit und ein verdammt spannendes Debut-Album zu Beginn einer Musikkarriere. Das, was Fans sofort bemerken werden, ist das Miami Horror jetzt wirklich eine Band sind. Im Gegensatz zu der "Bravado EP" aus dem Jahr 2008, was nichts anderes war als der Abgesang von Ben's geradlininigen Solo-Produktionen unter dem Namen Miami Horror, wurde "Illumination" deutlich stärker mit Instrumenten untermauert und klingt einfach vollkommener als alles andere zuvor dagewesene.
"Don't be on with her" von der Bravado EP
Die ersten Cuts, die vom Album hervorschossen - die großen Singles "Sometimes" und "Moon Theory" - gaben schon einen Eindruck vom Album als Ganzes. Dort hatte die Band bereits die Grenzen von 'Elektro' mit abgefahrenen Arrangements, und auf "Moon Theory", mit einem Mix aus akustischen und elektrischen Gitarren ausprobiert.
"Sometimes"
"Moon Theory"
Dieses Herum-Experimentieren wird auf dem Album kontinuierlich fortgeführt, indem die Wirkung einer kompletten Band bei Tracks wie "Summersun" mit seinem Festival-ready Vibe und dem traumhaften Opener "Infinite Canyons", der sich langsam wie eine furistische Chillwave-Hymne erhebt, herauszuhören ist.
Aber das heißt nicht, das Miami Horror ihre Dance-Wurzeln komplett verworfen haben. Auch wenn sie jetzt die Gitarren zum Rocken bringen, kann die Band nicht davon ablassen, immerzu tanzbare Tracks zu produzieren. Nehmen wir zum Beispiel die jüngste Single "I look to you" mit den hypnotsichen Gast-Vocals von Melbourne's Kimbra, der geloopten Bassspur und den zerhackten Hörnern - ein Disco House-Track, für den französisch angehauchte Ikonen töten würden, um ihm im eigenen Katalog zu haben. Eine insgesamt '70s-esque Disco-Nummer mit einem funky Beat, die sich kuam vom Chic's Klassiker "Good Times" unterscheidet.
Das Video dazu ist kaleidoskopisch himmlisch und Kimbra darf verschiedene Kleider (und eine Variation an Makeup-Stilen) ausprobieren. Außerdem darf sie sich in die gute alten Aussie Umgebung wagen. Das gefällt!
Gleichermaßen verhält es sich mit dem garantierten Sommerkracher "Holiday", der auf einer Disco-Gitarren-Spur dahinschwebt und einen Monster-Chorus von Neon Indian's Alan Palomo beinhaltet. Viielleicht ist es die Präsenz von Palomo, die auf die Band abfärbt, aber anderso dreht "Illumination" ab in fuzzige Tiefen von elektronischer Psychedelic mit Songs wie "Soft Light" und dem Kopf-nickendem instrumentellen Interlude "Illuminated" - rotierend mit dem dunstigen Vibe einer alten Vinyl gespresst auf eine abgetragene Nadel.
Wenn man das alles zusammenrechnet kommt man bereits auf eine Menge Stile und Stimmungen, mit denen Miami Horror im Laufe von "Illumination" hin und her springen. Und das ohne so manch andere herausragende Nummer wie das Soft Pop-Juwel "Imagination" und dem schwunghaften "Ultraviolet" am Albumende erwähnt zu haben. Gott sei Dank funktioniert alles. Miami Horror weigern sich, still zu sitzen und all die Töne, Klänge und kreativen Launen, die ihnen spontan einfallen, außer Acht zu lassen und machen damit "Illumination" zu weit mehr als ein aufregendes und unterhaltsames Hörobjekt.
Doch wie der Zufall es so will, könnte Miami Horror nur eines von vielen Projekten des introvertierten Masterminds Ben Plants sein. Im Moment arbeitet Ben in seinem Heimstudio bereits an neuen "housigeren" Songs, die auf eine Solo EP hinauslaufen könnten. Der Unterschied zu seinen Anfängen ist nur der, das er jetzt eine größere Glaubwürdigkeit besitzt und die Industrie im Rücken hat.
31. August 2010
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